In der Welt der industriellen Bildverarbeitung gibt es Standards – GenICam, GigE Vision und USB3 Vision – die den in Verbraucherprodukten verwendeten USB- und Ethernet-Standards ähneln. Was bedeuten diese Bildverarbeitungsstandards und was sind ihre Vorteile?
Als Basis für alle Bildverarbeitungsstandards dient der GenICam-Standard, der von der European Machine Vision Association (EMVA) gepflegt wird. Dieser Standard abstrahiert den Benutzerzugriff auf die Funktionen einer Kamera und definiert die Standard Feature Naming Convention (SFNC), die alle Hersteller verwenden, damit gemeinsame Funktionsnamen verwendet werden, um dieselben Funktionen zu beschreiben.
Darüber hinaus können Hersteller außerhalb der SFNC-Definitionen spezifische „Qualität der Implementierung“-Funktionen hinzufügen, um ihre Produkte von denen anderer Hersteller zu unterscheiden. Beispielsweise kann eine Kamera spezifische Features wie Frame Average, Flat Field Correction, Logic Gates etc. bieten. Auch GenICam/GigE Vision basierte Treiber- und Softwarelösungen anderer Hersteller können diese Features problemlos nutzen.
„On-the-wire“-Standards
USB3 Vision und GigE Vision sind „On-the-Wire“-Schnittstellen zwischen dem Treiber und der Kamera. Diese Standards werden von der Automated Imaging Association (AIA) gepflegt. Sie kennen wahrscheinlich „on-the-wire“-Standards und ihre Vorteile, wenn Sie Plug-and-Play-Geräte wie USB-Speichersticks, USB-Mäuse oder USB-Festplatten verwendet haben. Sie arbeiten problemlos zusammen, auch wenn sie von verschiedenen Herstellern stammen. Das Gleiche gilt für GenICam/GigE Vision/USB3 Vision-basierte Treiber-/Softwarelösungen. Die Standards definieren eine Transportschicht, die die Erkennung eines Geräts, die Konfiguration (Registerzugriff), das Datenstreaming (Geräteerkennung) und die Ereignisbehandlung steuert und die Schnittstelle mit GenICam verbindet (Abbildung 1).
USB3 Vision baut auf dem GigE Vision-Standard auf, indem es Zubehör wie Kabel enthält. Die Mechanik ist Teil des Standards und definiert beispielsweise verriegelbare Kabelschnittstellen. Dadurch entsteht eine robustere Schnittstelle für Fertigungsumgebungen.
Sind Standards ein Muss?
Technisch sind Standards nicht notwendig. Aber sie machen es möglich, Produkte mehrerer Hersteller einzusetzen und Geräte langfristig nützlicher zu machen. Einen historischen Vergleich finden Sie unter USB 2.0-Kameras und GigE Vision. USB 2.0-Industriekameras wurden 2004 eingeführt und funktionierten nur mit proprietären Treibern (Abbildung 2) zwischen Client und Vision Library/SDK sowie zwischen Treiber und Kamera. Zwei Jahre später wurden Gigabit-Ethernet-Kameras mit dem GigE-Vision-Bildverarbeitungsstandard eingeführt, für dessen Betrieb keine proprietären Treiber erforderlich waren.
Bei einem Systemabsturz wüssten Nutzer der USB-2.0-Kameras nicht, ob der proprietäre Treiber oder die Softwarebibliothek schuld sei, was den Support erschwerte. Während der Entscheidungsphase für die Auswahl von Sensoren und Support musste der Kunde das Produktportfolio im Auge behalten, um seine Spezifikationen zu erfüllen. Anschließend wurde die Anwendung implementiert und funktionierte nur noch mit den proprietären Schnittstellen des Herstellers. Bei zukünftigen Projekten oder Anpassungen – zum Beispiel wenn ein neuer Sensor benötigt wurde – wäre es notwendig gewesen, dass der Hersteller diesen Sensor anbietet. Andernfalls musste der Hersteller gewechselt werden, was auch eine Neuimplementierung der Software erforderlich machte. Bei Gigabit-Ethernet-Kameras und GigE Vision hingegen ist die Flexibilität ein großer Vorteil: GigE Vision-konforme Kameras können herstellerunabhängig untereinander eingesetzt werden.
Trotz dieses offensichtlichen Vorteils sind USB-Kameras in bestimmten Bildverarbeitungsbereichen wie der Medizin weiter verbreitet, da die Anwendungen die Sensorauflösung, das Bildformat und die Bildfrequenz (Bandbreite) der Kamera und die Umgebung für den Zweck von Kabellänge, Framegrabber, oder Digitalkamera-Lösung. Mit solch streng definierten Anforderungen lösen USB-Kameras die Herausforderungen dieser Anwendungen.
Kaum zu glauben, aber vor einigen Jahren gab es noch keine Standards auf dem Bildverarbeitungsmarkt. Jeder Hersteller hatte seine eigene Lösung. Diese Zeiten sind vorbei – der gesamte Markt hat an einem Strang gezogen, zum Vorteil der Kunden. Durch die Standards vermittelt das Zusammenspiel von Hardware, Treiber und Software das Erlebnis eines einheitlichen Stücks. Die Qualität des Marktes wird verbessert. Für den Kunden ist es einfacher, Produktentscheidungen zu treffen, da sie nicht an das Portfolio eines Unternehmens gebunden sind. Mit normgerechten Produkten kann der Kunde unabhängig vom Unternehmen immer die besten Komponenten wählen. Mit GenICam als Basis bietet der Bildverarbeitungsmarkt für jede Anwendung die beste Schnittstelle, wahlweise mit GigE Vision oder USB3 Vision